Wer genau hinschaut, stößt auf so manche interessante Analogie.
Impressum / Anonymität
Jedes EU-Unternehmen muss auf seiner Internetseite ein Impressum angeben. Pflichtbestandteil des Impressums ist – zumindest nach deutscher Rechtsprechung – eine ladungsfähige Anschrift. Allerdings sind unter den in Deutschland am meist genutzten 100 Internetseiten etliche anonyme Seiten und Briefkastenfirmen zu finden. Speicherplatz in Rechenzentren und Zahlungsverkehr erhalten sie innerhalb der EU auch ohne Impressum.
Unklare Löschpflichten
Bisher gibt es in der E-Commerce-Richtlinie und im Telemediengesetz (TMG) Löschpflichten. Rechtswidrige Inhalte müssen von den Websiteinhabern gelöscht werden. Eine maximale Dauer der Löschung ist aber weder gesetzlich noch durch Rechtsprechung festgelegt. Das gilt auch für die regelmäßige Wiederkehr. Einmal gelöscht werden rechtswidrige Inhalte oft von den gleichen oder anderen Personen erneut hochgeladen. Die Betreiber der Internetseiten nutzen die zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel (Hash- Werte, Wortfilter, Content-ID etc.) oft absichtlich nicht.
Im Bereich der Internetpiraterie gibt es allerdings eine BGH-Rechtsprechung, die neben technischen Maßnahmen sogar eine händische Überprüfung vorsieht, wenn immer wieder vom gleichen Piraterieportal auf eine illegale Kopie eines Medieninhaltes verlinkt wird. Auf EU-Ebene wird hingegen immer noch diskutiert, ob Löschpflichten einmalig sind (Take Down) oder sich auch auf erneute gleiche Verstöße beziehen (Stay Down). Ein wirksames Unterbinden kann aber nur stattfinden, wenn sich die Löschpflicht nicht nur auf den jeweiligen rechtsverletzenden Inhalt, sondern auch auf entsprechende wiederholte Neueinstellungen beziehen.
Ohne eine rechtliche Erreichbarkeit können Löschpflichten wirkungslos sein. Schon heute gibt es zahlreiche anonyme Internetdienste, die illegale Inhalte gar nicht oder erst nach Wochen löschen. Die Rechtsverfolgung läuft bei diesen Seiten faktisch ins Leere.
Einnahmen ohne Haftung
Websitebetreiber, die nichts oder wenig gegen rechtsverletzende Inhalte auf ihren Seiten unternehmen, verhalten sich betriebswirtschaftlich rational. In der Regel entstehen finanzielle Vorteile. Neben nicht anfallenden Kontrollkosten, steigen die Reichweite, die Einnahmen durch Werbung und die Zahlungen der Nutzer.
Die Gefahr jemals Schadensersatz zahlen zu müssen, ist gering. Die Ursache dafür sind die allgemeinen Haftungsfreistellungen der E-Commerce-Richtlinie. Wobei wichtige Detailfragen sind noch ungeklärt sind. Die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehene Einschränkung der Haftungsfreistellung bei Geschäftsmodellen die auf Urheberrechtsverletzungen basieren, hätte helfen können, wurde aber nicht umgesetzt.
Durchsetzbarkeit
Es ist seit vielen Jahren problemlos möglich, aus Drittstaaten und teils auch aus Staaten der EU rechtverletzende Inhalte innerhalb der EU zu verbreiten. Dazu gehören Verletzungen des Urheberrechts, des Jugendschutzes ebenso wie die Verbreitung von Malware und Fake News.
In der realen Welt versucht man solchen Problemen mit Kontrollen Herr zu werden. Neben den Überprüfungen der in der EU tätigen Unternehmer gibt es vielfältige Straßen- oder Grenzkontrollen. Bei größeren Problemen werden sogar das Schengenabkommen eingeschränkt und Personenkontrollen an den EU-Binnengrenzen erlaubt.
Hier ist die Regierung gefragt, endlich Netzkontrollen festzulegen. Mit einem Richtervorbehalt kann dafür gesorgt werden, dass die Meinungsfreiheit nicht beschädigt wird.