Wir appellieren an die Fraktionen im Bundestag sich die Frage zu stellen, ob eine Verschärfung der Regeln zum Lobbyregister „das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik und die Legitimität der Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse in Parlament und Regierung“ stärkt. Auch vor Einführung des Lobbyregisters war bei Wirtschaftsverbänden immer klar und transparent erkennbar, wen sie vertreten und welche Positionen sie zu einschlägigen Gesetzesinitiativen vertreten. Eine Studie zur Evaluation der Einführung des Lobbyregisters liegt nicht vor. Eine Verschärfung der Regeln erscheint uns als nicht sinnvoll, wenn es nicht einmal möglich zu sein scheint, den Erfolg der vorliegenden Regeln mit Zahlen zu untermauern.
Handlungsbedarf sehen wir an anderer Stelle. Den größten Vertrauensverlust hat die Bundesregierung in jüngster Zeit mit der Vorlage des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erfahren. Die Vorarbeit für das Gesetz hat die NGO Agora Energiewende geleistet, und zwar ohne auf die Belange und Interessen von betroffenen Bürgern und Unternehmen Rücksicht zu nehmen.
Agora Energiewende wird aber immerhin zu großen Teilen aus privaten Mitteln finanziert. Viele Organisationen, die für sich in Anspruch nehmen, dass sie dem Gemeinwohl verpflichtet sind, werden entweder vollständig von der öffentlichen Hand finanziert, erhalten erhebliche Zuschüsse für ihre Arbeit von der öffentlichen Hand oder erhalten Aufträge von der öffentlichen Hand.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen wird maßgeblich aus dem Bundeshaushalt finanziert.
Im Rahmen der „Institutionellen Förderung/Zuschüsse an Einrichtungen gemäß § 26 Abs. 3 BHO“ vom Bundespresseamt erhalten Organisationen wie „Das Progressive Zentrum“ eine Unterstützung in Höhe von 20 Prozent ihres Jahreshaushalts.
„Von 2014 bis 2019 erhielt etwa der Umweltverband BUND rund 21 Millionen Euro aus der Steuerkasse, der größte deutsche Naturschutzverein Nabu insgesamt sogar 52,5Millionen Euro aus acht verschiedenen Bundesministerien und Behörden.“ In den letzten Jahren dürften die Zahlungen nicht abgesenkt worden sein.
Das Problem für das Vertrauen in unsere Demokratie sind nicht Wirtschaftsverbände oder Gewerkschaften, die gemeinsam mit ihren Mitgliedern Stellungnahmen zu Gesetzesinitiativen erarbeiten. Das Problem sind Organisationen, die sich auf das Gemeinwohl berufen, aber ohne Rückhalt und Rückkopplung derer agieren, deren Interessen sie vermeintlich vertreten. Wenn Bundestag und Bundesregierung das Ziel verfolgen, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu erhalten, muss in einem ersten Schritt die Finanzierung politischer Akteure aus Steuermitteln endlich aufhören.
Die Verschärfung des Lobbyregisters ist dafür nicht geeignet.
Zu einzelnen Aspekten:
(§ 3 Registerinhalt)
Die Veröffentlichung von Stellungnahmen zu wichtigen Gesetzesentwürfen
Diese Formulierung ist unklar, weil sie auf Stellungnahmen und Gutachten von grundsätzlicher Bedeutung abstellt. Wenn eine Veröffentlichung gewünscht ist, dann sollte diese für alle Stellungnahmen und Gutachten gelten, die sich auf ein laufendes Gesetzgebungsverfahren beziehen und an Adressaten gerichtet werden, die unter das Lobbyregister fallen. Außerdem ist eine Klarstellung erforderlich, dass Briefe und Anfragen, die ein Thema in einigen Sätzen berühren, nicht unter diese Regel fallen.
Eine ausschließliche Veröffentlichung der Stellungnahmen und Gutachten im Lobbyregister ist nicht sinnvoll. Besser wäre es, diese Papiere auf den Websites der jeweiligen Gesetzesentwürfe zu verlinken oder einzubinden. Dann hätten interessierte Kreise einen vollständigen Überblick auf einer Seite.
Die Offenlegung von Mitgliedsbeiträgen
Bereits jetzt ist die finanzielle Schlagkraft von Wirtschaftsverbänden im Lobbyregister ersichtlich. Warum die Darlegung der Mitgliedsbeiträge in der vorgeschlagenen Detailtiefe erforderlich ist, ist nicht ersichtlich.
Wenn es doch als erforderlich erachtet wird, sprechen wir uns dafür aus, dass die Skala zur Anwendung kommt, die für Agenturen und Lobbying-Dienstleister vorgeschlagen wird. Diese stellt statt auf Schritten in Höhe von 10.000 Euro auf Schritte in Höhe von 25.000 Euro ab. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Wirtschaftsverbände schlechter gestellt werden sollen als Lobbying -Dienstleister.
Aufschlüsselung der Mitglieder nach juristischen Personen, Personengesellschaften, usw.
Welche zusätzliche Aussagekraft hat dieser Passus? Der Aufwand für Wirtschaftsverbände steigt und die Wahrscheinlichkeit für Fehler, die dann womöglich zu Sanktionen führen, nimmt zu. Darum lehnt der BDWi eine Aufschlüsselung ab.
Die Eintragung von Verbandsvertretern, die sich ehrenamtlich für Verbände engagieren
In Wirtschaftsverbänden bildet das Präsidium die Vielfalt der Mitgliedschaft ab. Unternehmerinnen und Unternehmer für die Mitarbeit im Präsidium zu gewinnen, ist oft nicht einfach. Insbesondere wenn es sich um Menschen handelt, die noch keine politische Erfahrung haben. Aber genau diese Menschen an die politische Arbeit heranzuführen, ist für Verbände enorm wichtig. Wenn von vornherein eine Eintragspflicht ins Lobbyregister besteht, ist das eine zusätzliche Hürde, um Menschen für ehrenamtliches Engagement in Wirtschaftsverbänden zu gewinnen.
Bericht und Evaluierung
Das Lobbyregister erst im Jahr 2025 zu evaluieren, ist viel zu spät. Sinnvoller wäre, die in diesem Gesetzentwurf vorliegende Verschärfung der Bestimmungen zum Lobbyregister so lange auszusetzen, bis eine Evaluierung erfolgt ist.
Gegenstand der Evaluierung muss sein, ob das Lobbyregister „das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik und die Legitimität der Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse in Parlament und Regierung“ stärkt. Denn so steht es in der Begründung des vorliegenden Gesetzes.